Dass die Brasilianer wirklich Ahnung in Sachen Fleischzubereitung über offenem Feuer haben, weiß ich spätestens seit dem ich vor vielen Jahren das erste Mal ein brasilianisches Restaurant besucht habe. Im Pantanal Rodizio lernte ich damals die Grenzen meines Magens kennen. Unbedarft und sich fragend was denn die seltsame runde Karte mit der roten und der grünen Seite solle, startete unser Tisch ins Vergnügen. Am laufenden Band kamen nun die Kellner mit völlig überdimensionierten Fleischspießen an und servierten eine fleischige Spezialität nach der Anderen. Dazu gab es Kartoffeln, schwarze Bohnen, Gemüse und einiges mehr.
Erst nach einigen Besuchen konnte man die ganze Sache dann auch etwas strategischer angehen und lehnte die Beilagen auch mal dankend ab, um dem Star der Veranstaltung, den über offenem Feuer gegrillten hervorragenden Fleischstücken die verdiente volle Aufmerksamkeit zu schenken.
In Südamerika hat dieses Grillen hochwertiger Fleischstücke am Spieß eine lange Tradition und ist auch als Churrasco bekannt. Oftmals sitzt man stundenlang zusammen, isst und trinkt und erzählt sich die neuesten Neuigkeiten.
Aber warum schreibe ich all das? Eigentlich weiß ich es selbst nicht. Was ich allerdings weiß: Spätestens seit dem ich einen Broil King Gasgrill mein Eigen nenne und mit ihm die Rotisserie (das liebe ich bei den Broil Kings, da kommt das Teil direkt mit) eröffneten sich mir wieder mal völlig neue Möglichkeiten am Sportgerät. Warum also nicht mal eine diese brasilianischen Spezialitäten auf meinem neuen heimischen Grill anrichten?
Jetzt aber zum Picanha
Das Picanha ist eine typische südamerikanische Spezialität die auch beim Rodizio aufgetischt wird. Bei Picanha handelt es sich um den sogenannten Hüftdeckel, den der deutsche Metzger auch als Tafelspitz kennt (Lesetipp, wenn du mehr über Fleischzuschnitte vom Rind lernen möchtest: 15 Cuts vom Rind die du kennen solltest).
Das Tolle an so einem Picanha ist die Einfachheit der Zubereitung: Du benötigst nichts weiter als Salz und das Stück Fleisch.

Beim Tafelspitz solltest du lediglich darauf achten, dass du ein Stück inklusive Fettdeckel bekommst. Das Fett ist beim Picanha nämlich sozusagen die Geheimzutat.
Auch toll bei Tafelspitz: Es handelt sich um kein teures Stück Fleisch des Rinds, Kilopreise fangen bei 13,00 – 15,00€ an, den Unterschied machen hier natürlich Gattung und Herkunft des Schlachttiers aus. Generell sollte es ein einigermaßen gut abgehangenes Stück Fleisch mit mindestens ein wenig Marmorierung sein.
Den Tafelspitz schneidest du jetzt in ca 7-8 cm breite Stücke, ungefähr drei Finger breit also. Danach reibst du die Zuschnitte richtig gut mit Salz ein und lässt das Ganze ca eine Stunde lang stehen. Das bindet die Oberflächenfeuchtigkeit des Fleischstückes und du erhälst beim Fleisch nachher eine noch schönere Kruste (in meinem Artikel zu Rinderrippen habe ich mich übrigens zum Thema Brining etwas detaillierter ausgelassen).

Nach der Stunde reibst du das überschüssige Salz ein wenig vom Fleisch ab (sonst schmeckt’s nachher zu salzig) und faltest die Stücke zusammen und spießt sie durch die Fettauflage hindurch auf. Hierzu ist durchaus einiges an Kraft und Geschick im Umgang mit dem Spieß gefordert, damit man sich am Ende nicht selbst aufspießt oder den Spieß durch die Hand rammt.
Wenns noch dazu auch hübsch aussehen soll, wechselst du mit jedem Stück Fleisch die Richtung, so dass eine S-Form entsteht. Das Bild rechts zeigt dir sehr schön, wie es aussehen konnte. Meine Frau faselt schon wieder irgendwas von das sehe aus wie aufgespießte Nacktschnecken… Naja… sie kann einfach nicht so gut mit rohem Fleisch…
Dreh dich herum
Spätestens jetzt geht der Spaß los. Schalte den Backburner des Gasgrills an und heize den Grill auf ca 180° hoch. Dann legst du den Spieß ein.

Ach… seht ihr das kleine Video oben… einfach fantastisch!! Meine Frau findet etwas eklig und befremdlich, dass ich mich so dran erfreue… aber auch damit schätze ich kann ich leben.
Anbei noch zwei wertvolle Tipps:

Pro-Tipp Nummer Eins: Der Spiess sollte sich immer nach oben von der Flamme wegdrehen, damit die hintere Flamme das Fett schmelzen kann und dieses dann über das Fleisch läuft. Das macht es saftig und zart.
Pro-Tipp Nummer Zwo: Legt dir eine Schüssel unter den Spieß, die fängt die ganze Fettsiffe dann auf, und davon gibt es eine Menge.
Ich persönlich hätte meinem Spiess stundenlang beim Drehen zuschauen können und wie das Fett über das Fleisch rinnt und es saftig und schmackhaft macht. Aber nach spätestens vierzig Minuten sollte man dann doch einmal etwas vom Spiess herunterschneiden.
Schnipp Schnapp schneidest du die Scheibchen ab
Jetzt ist wieder etwas Handling und Geschick mit dem Spieß angesagt. Zugegebenermaßen hatte ich noch nicht ganz die Geschicklichkeit

der Kellner in den Rodizio-Restaurants, aber ganz so schlecht sah es auch wieder nicht aus. Schau einfach, dass du ein verdammt scharfes und großes Messer zur Hand hast und schneide dünne Scheiben vom Rand ab.
Die ersten Scheiben, die ich runter schnitt, waren wunderbar rosa in der Färbung und roter Fleischsaft triefte heraus. Und ganz ehrlich: Der Geschmack dieses oftmals als Suppenfleisch verpönten Tafelspitzes war dermaßen intensiv und bombastisch… in diesem Moment habe ich mi mir überlegt, warum ich überhaupt noch für teuer Geld Steaks kaufen sollte. In der Tat war dieser Tafelspitz von der Rotisserie mit das Beste, was ich auf einem Grill bislang gezaubert habe.
Den Grill kannst du während des Verzehrs der ersten Scheiben wieder weiter laufen lassen, an den Anschnittstellen bildet sich alsbald wieder eine neue Kruste. Ich empfehle dir allerdings, die Hitze nun etwas runterzuregulieren und nicht zu lange mit dem nächsten Anschnitt zu warten, das Fleisch neigt nun mehr und mehr dazu, schnell durchzugaren.
Etwas Grünzeug für den Kontrast auf dem Teller
Als Beilage passen hervorragend Pimientos de Padron oder wie der Deutsche sagt: Bratpaprika! Einfach entsprechend die kleinen Schoten in einem Supermarkt deines Vertrauens kaufen und mit ordentlich viel Öl in einer Gußeisenpfanne anbraten. Danach noch ordentlich Salz dazugeben und eine super Beilage ist fertig, die perfekt zum Gericht harmoniert.
Apropos Beilagen: Wenn ich schon beim Thema Beilagen bin: Mach dir unbedingt noch etwas Chimi Churri dazu. Das ist ebenfalls typisch südamerikanisch und passt allerbestens gerade zu geschmackvollem Rindfleisch wie dem Picanha.

Kann ich das Ganze auch auf der Kugel machen
Mann ey… kaum hat der Otto sich nen Gasgrill zugelegt vergisst der uns Kugelfreunde oder was?
Ne… keine Sorge. Auf einem Holzkohle-Kugelgrill funktioniert das Ganze ähnlich. Eine Rotisserie benötigst du dennoch. Moesta bietet hier ein – wenn auch nicht ganz günstiges – Komplettset, mit dem du nebenbei deinen Kugelgrill auch zum Pizzaofen umbauen kannst.
Mit einer solchen Rotisserie für den Kugelgrill ausgestattet erzeugst du zunächst einmal eine Zwei-Zonen-Glut und regelst auch den Holzkohlegrill auf 180° ein. Die Rotisserie wird mittig in den indirekten Bereich gehängt. Auch hier empfehle ich dir unbedingt eine Aluschale oder ähnliches zu platzieren, wenn du deinen Grill liebst und unnötige Reinigungsarbeiten scheust.
Der Rest der Zubereitung ist dann ganz wie oben, selbe Zeiten und selbe Anschnittmethode.
Hallo Daniel,
schöner Bericht und super Ergebnis! Ich habe mit einem Broil King Regal 490 bisher nicht den Punkt getroffen an dem es eine dünne Kruste gibt. Bisher war dann das ganze Picanha auf etwa 55 Grad wenn die Kruste gut aussah. Hattest Du nur den Heckbrenner an? Hattest Du den Deckel offen oder geschlossen? Vielleicht schreibst Du noch etwas zu Deinen Einstellungen 🙂
Danke bereits im Voraus!
Hi Phillip
Deckel habe ich grundsätzlich geschlossen und ich habe in der Tat nur mit Heck gegrillt, den aber volle Karacho am brennen. Nach ca 35-40 Minuten habe ich mir die ersten Scheiben runtergeschnitten. Beim ersten Mal machte ich allerdings den Fehler für die zweiten Scheiben zu lange zu warten. Ganze 20 Minuten habe ich dem Ding gegeben, weil die ersten Scheiben wirklich sagenhaft saftig und noch rosa-rot waren. Die zweiten Scheiben waren dann aber tendenziell doch zu trocken. Beim zweiten Mal hab ich nur zehn Minuten gewartet und alles war top.