Kluggeschissen

Die Bedeutung der Zwei-Zonen-Glut

Die Bedeutung der Zwei-Zonen-Glut eines geschlossenen Grillsystems im modernen Barbecue. Könnte der Titel einer Doktor-Arbeit oder Master Thesis sein. Und tatsächlich lässt sich zu diesem Thema eine ganze Abhandlung schreiben.

Die zwei verschiedenen Hitzezonen sind DER Vorteile eines Kugelgrills (oder jeden anderen geschlossenen Grillsystems). Hierbei hast du  die Möglichkeit, neben dem Grillen über der direkten Flamme eine indirekte Hitzezone zum Garen deiner Speisen zu verwenden.

In meinem Kugelgrill-Tutorial bin ich schon einmal auf die verschiedenen Kohle-Setups im Grill und die daraus resultierenden Hitzezonen eingegangen, heute gehe ich hier noch etwas weiter ins Detail.

Typische Probleme ohne Zwei-Zonen

Der Fehler der am häufigsten gemacht wird, von dem ich stets auch im Freundeskreis höre und den ich auch immer wieder beobachte: Wir erzeugen viel zu viel Hitze im Kugelgrill. Da wird ein voller Anzündkamin glühender Kohlen in den Kugelgrill geschüttet und am Ende wundert man sich darüber, dass die Briketts nicht nur unterm, sondern auch auf dem Rost liegen.

Die Zwei-Zonen-Glut bietet einerseits einen Bereich direkt über der Glut, in dem hohe Temperaturen herrschen und einen Bereich neben der Glut, der keiner direkten Hitze ausgesetzt ist, sondern sich die von Deckel und Grillunterteil umgewälzte Hitze zu Nutze macht.

Auch die Problematik, dass man viele verschiedene Speisen gleichzeitig zubereiten möchte ist stets präsent. Die Freundin eines guten Freundes von mir ist Vegetarierin. „Wie zum Teufel soll ich es schaffen, Fleisch und gleichzeitig seltsame Dinge wie Tofu und Gemüse fertig zu bekommen?“. Auch hierfür sind zwei Temperaturbereiche im Grill ideal.

Vorteile der Zwei-Zonen

Hier einmal die Vorteile der Zwei-Zonen-Glut im Überblick:

Du kannst unterschiedliche Temperaturen für unterschiedliche Speisen nutzen

Um wahre Meisterwerke aus deiner Kugel hervor zu zaubern, ist einfach zu beachten, dass verschiedene Speisen verschiedene Temperaturen benötigen.

Nur ein Beispiel: Fleisch besteht aus Proteinen, Wasser, Fett, Bindegewebe und Zucker, jeder dieser Bestandteile verändert sich anders bei anderen Temperaturen. Bei anderen Speisen ist die Zusammensetzung wieder eine andere.

Nun gerinnt Fett bei einer bestimmten Temperatur, während Wasser bei einer anderen verdampft, Bindegewebe schmilzt bei wieder einer ganz anderen Temperatur und Zucker karamellisiert zu einem nochmal anderen Zeitpunkt.

Und dann ist da noch die ominöse Maillard-Reaktion, die für die Entwicklung der typischen Röstaromen zuständig ist, die wir so lieben.

Während du deine Nackensteaks also am besten direkt über die Kohlen legst, um ihnen das typische Grillmuster zu verpassen, dünstet der Spargel lieber sanft in der Folie und das Knoblauch-Baguette backt nebenher im indirekten Bereich.

Ich verspreche dir: Du hast keine verbrannten Speisen mehr

Denn durch die indirekte Zone hast du immer einen Platz im Grill, an den du Fleischstücke von der direkten Hitze wegziehen kannst. Egal ob das Fleisch jetzt schon lange genug über das Glut lag und langsam eine bedenkliche Farbe annimmt oder ob du wegen kurzfristiger Flammenbildung auf Grund von Fett und Marinade mal frei machen musst: Die zwei Zonen bieten dir hier einfach das Maß an Flexibilität, das du benötigst.

Perfektes Timing

Gerade wenn verschiedene Speisen ungefähr gleichzeitig fertig werden sollen, kannst du den Garprozess in der indirekten Zone verlangsamen oder durch Hinüberziehen von Speisen in den direkten Bereich beschleunigen.

Wie funktioniert das Garen der Speisen in der indirekten Zone

Die indirekte Zone im Grill kann man sich eigentlich wie einen Outdoor-Ofen vorstellen, an und für sich ist jeder Grill, der einen Deckel im Lieferumfang mit sich bringt, ein Ofen.

Die von den Kohlen oder Briketts fabrizierte Hitze strahlt kontinuierlich in alle Richtungen im Grill aus. Der Deckel wird als Absperrung für die Hitze verwendet und hält diese im Grill gefangen, lediglich durch die Lüftungsschlitze oben im Deckel kann sie austreten.

Die heißeste Stelle im Grill ist im Übrigen direkt unter dem Deckel, da heiße Luft bekanntlich nach oben steigt. Genau aus dem Grund können Deckelthermometer ja auch bis zu 25° Differenz zur tatsächlichen Temperatur am Grillgut haben, weil deren Sensor zumeist direkt oben im Deckel an der heißesten Stelle montiert ist.

Die Form des Grills spielt im Übrigen weniger eine Rolle als man denken mag. Ein kastenförmiger Gasgrill speichert die Hitze genauso gut wie eine Kugel. Nur wenig der Hitzestrahlung wird überhaupt reflektiert. Luft, die vom unteren Teil des Grills reflektiert wird, endet dann meist sowieso am Kohlebett mit der Glut. Die meiste Hitze geht tatsächlich als Strahlungshitze von der Glut selbst aus.

Natürlich ist die Temperaturkontrolle draußen im Freien am Grill wesentlich schwieriger als beim Ofen in der Küche. Im Inneren des Küchengeräts sorgt ein Thermostat dafür, dass stets gleichmäßige Temperaturen herrschen und die Hitzequelle liegt hinter einer Metallplattte und somit ist der gesamte Ofen eine indirekte Hitzezone.

Draußen im Grill hingegen will ein offenes Feuer beherrscht werden und man muss stets mit Faktoren wie Wind, Außentemperatur und vielleicht sogar Regen parat kommen; von letzterem bleibst du in deiner Küche hoffentlich verschont. Das schon erwähnte ungenaue Deckelthermometer, das bestenfalls als Schätzeisen zu gebrauchen ist, erschwert die Temperaturkontrolle weiterhin.

Besser bedient bist du hier mit einem Funkgrillthermometer wie beispielsweise dem Maverick ET-733, welches ich benutze. Wie du genau die Temperaturen am Grill regeln kannst, habe ich in meinem Artikel zur Temperaturkontrolle beschrieben.

Die indirekte Zone einrichten

Eine gute Temperatur für die indirekte Zone liegt bei ca 110°. Was in der Bibel die Zahl Zwölf ist, ist im Barbecue diese 110.  Gerade im Bereich Smoker und Long-Jobs begegnet uns diese Zahl immer wieder. Nicht ohne Grund: Eine Menge Speisen garen bei genau dieser Temperatur optimal.

Zum Einrichten einer indirekten Hitzezone im Kugelgrill gibt es mehrere Möglichkeiten, die Kohlen arrangieren.

Bilde ein Spalier von Kohlen

Hier werden die Kohlen jeweils an beiden Seiten des Grills platziert. In der Mitte bleibt eine größere Fläche frei, innerhalb derer die Wasserschale platziert wird. Die Kohlen sind hier also jeweils links und rechts des Grills platziert.

Vorteil: Für Holzkohle-Kugelgrills gibt es spezielle Grillroste, deren Seiten sich hochklappen lassen. Bei diesem Kohle-Setup und einem solchen Rost ist also das Auffüllen des Kohlebestandes auf beiden Seiten ohne Abnehmen des Rosts möglich.

Nachteil: Die indirekte Fläche ist nicht sehr groß, die von der Glut ausgehende Hitze kann für verbrannte oder schneller gegarte Enden beim Grillgut sorgen.

Halb und halb

Meiner Meinung nach ist dies die beste Methode, seinen Grill in zwei Hitzezonen aufzuteilen. Die Kohlen werden hierbei ganz simpel auf einer Seite aufgeschüttet, die andere Seite bleibt hierbei komplett frei und bietet ggfs Platz für eine Wasserschale.

Vorteil: Die indirekte Grillfläche ist bei diesem Setup einfach am größten. Auch der bereits oben erwähnte Kohlerost mit den Seitenklappen funktioniert hier, wenn auch nicht ganz so gut wie beim Spalier.

Minion-Ring

Der Minion-Ring

Beim Minion Ring wird die Kohle ringförmig aufgeschichtet. Der Ring ist nicht durchgängig und wird in der Regel von z.B. eine Backstein unterbrochen. Dadurch brennt der Ring nach Zugabe einiger brennender Briketts an seinem Ende in genau eine Richtung langsam ab. Das Ganze kann man sich wie eine Art Zündschnur vorstellen. Der Minion-Ring ist so cool, dass ich ihm extra einen eigenen Artikel gewidmet habe.

Vorteil: Der Minion Ring versorgt dich über Stunden zuverlässig mit gleichmäßiger, niedriger Hitze. Im Holzkohle-Kugelgrill ist das der einzig sinnvolle Weg, um z.B. Ribs oder Pulled Pork zu garen.

Ein Steak mit der Zwei-Zonen-Glut meistern

Mmh… 110°… aber was ist, wenn du dir ein saftiges Steak grillen möchtest? Das kann doch bei den Temperaturen nicht funktionieren.

Oh doch sage ich. Die Zwei-Zonen-Glut ist mehr als ideal dazu geeignet, ein Steak zu grillen. Zunächst brauchst du ordentlich Hitze, um das Steak anzugrillen (250°+). Und dann benötigst du lediglich niedrige Hitze um das Steak fertig zu grillen (ca 120° – 150°).

Ich gebe zu, diese Temperatursprünge zu meistern ist nicht einfach, aber keinesfalls unmöglich.

Ladies und Gentlemen, ich präsentiere: Der Backstein-Trick

Je mehr Kohle, desto mehr Hitze. Das ist mal klar. Aber wir möchten ja den indirekten Bereich von der Temperatur her überschaubar halten.

Aber beim Backstein-Trick machen wir uns desweiteren zunutze, dass die Hitze desto größer wird, je näher man der Glut kommt. Genau aus diesem Grund funktioniert zum Beispiel ein Caveman-Steak so gut, da dieses direkt auf der Glut gegrillt wird.

Der Backstein-Trick ist unspektakulärer, als er sich anhört. Am Ende legst du einfach ein oder zwei Backsteine auf das Kohlerost und schüttest die Kohlen darauf auf. So kannst du weiterhin eine überschaubare Anzahl an Kohlen verwenden, um die Gesamthitze im Grillsystem nicht bis zum Anschlag zu bringen. Die Glut ist nun aber wesentlich näher am Grillrost, genau genommen direkt darunter.

Dein Steak kannst du jetzt also in unmittelbarer Nähe der Glut angrillen und lässt es dann in einem eher bescheiden temperierten indirekten Bereich bis zur endgültigen Kerntemperatur nachgaren. Diesen Trick kannst du selbstverständlich nicht nur für Steaks anwenden, sondern  für alles, wo es gerne noch mehr Hitze haben darf.

Welche Rolle spielt die Wasserschale

Wasser in einer Schale im Grill erfüllt im Wesentlichen drei wichtige Aufgaben:

  • Das Wasser hält das Feuchtigkeitsniveau im Grill hoch und bewahrt die garenden Speisen mit davor, auszutrocknen.
  • Das Wasser absorbiert einen großen Teil der Hitze, gibt diese danach mit Feuchtigkeit angereichert und sehr gleichmäßig wieder ab und hilft somit die Temperatur im Grill niedrig zu halten.
  • Sie fängt vom Grillgut herunter tropfendes Fett auf und hält somit deinen Grill sauber.

Damit kommt eine Wasserschale eigentlich immer dann zum Einsatz, wenn ich lang garende Speisen in meinem Grill zubereite, also eigentlich alles was über simples Nackensteak und Co hinausgeht.

Du kannst im Übrigen wahlweise eine oder auch gleich zwei Wasserschalen im Grill verwenden. Während die erste Wasserschale üblicherweise unterm Grillrost neben dem Glutbett im indirekten Bereich des Grills steht, kannst du eine zweite Wasserschale beispielsweise auf dem Grillrost direkt über den Kohlen platzieren. Diese zweite Wasserpfanne schirmt das Grillgut, dadurch dass sie direkt über der Glut platziert ist, auch weiter von der direkten Hitze ab.

Nimm für die Wasserpfanne bitte auch wirklich nur Wasser. Fang bitte nicht an, Bier hinein zu schütten (das trinkt man wirklich lieber), Apfelsaft, Wein oder was weiß ich was. Geschmacklich ändert das nämlich rein gar nix…

Übung macht den Meister

Jetzt aber ran an die Kugel und die Tricks in die Tat umgesetzt. Mit ein wenig Übung solltest du schon sehr bald den Dreh raus haben, wie du dir im Handumdrehen zwei Zonen einrichtest.

Ob du die Kohlen dabei beidseitig aufschichtest oder einseitig, musst du für dich rausfinden, ich fahre wie oben beschrieben lieber die halb/halb Aufteilung.

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